Doppelt Rot im Derby

950 Zuschauer beim Freiämter Fussballderby

Er ist angefressen. Er ist geladen. Er packt all seine Emotionen in diesen Schuss. In der 71. Minute hämmert Leotrim Nitaj den Ball mit aller Überzeugung ins Tor. 1:1. «Ich habe nicht überlegt, sondern die Kugel einfach reingehauen», sagt er. Wohlen schafft den Ausgleich. Der 25-jährige Abwehrspieler jubelt anschliessend vor den Fans des FC Muri. «Mir ist eine Last von den Schultern gefallen. Ich war zuletzt verletzt, durfte nicht von Anfang an spielen. Die erste Halbzeit war mir viel zu ruhig. Als ich zur Pause eingewechselt wurde, wollte ich Emotionen reinbringen», sagt er. Erst recht, weil es ein Derby ist. Nitaj wohnt in Zürich-Leimbach, spielt aber schon einige Saisons in Wohlen. «Ich bin Wohler», sagt er. «Und hier kriegt man mich nicht mehr weg, ausser sie wollen mich nicht mehr. Und deshalb war für mich klar, dass wir gegen Muri im Derby Vollgas geben müssen.»

Schiri: «Er darf jubeln, aber nicht vor den Fans des Gegners»

Für den Schiedsrichter sind es zu viel der Emotionen von Nitaj. Nach dem Torjubel vor den Muri-Fans zückt er unter heftigem Protest der Wohler die Gelbe Karte. Weil Nitaj schon verwarnt war, fliegt er vom Platz. Bei seiner ersten Verwarnung hat er – wie beim Tor – auch nicht viel überlegt. Nach einem Foulpfiff des Schiedsrichters schiesst er einen Murianer Spieler absichtlich an. Das war keine zehn Minuten vor seinem Platzverweis. Nitaj versucht sich zu erklären: «Feiern nach einem Tor ist doch erlaubt? Ich habe einfach gejubelt, das gehört doch dazu und ist auch nicht dramatisch.» Der Schiedsrichter habe das «berühmte Fingerspitzengefühl vermissen lassen». Jener Unparteiische richtet wenige Minuten nach dem Platzverweis einige Worte an die Bank des FC Wohlen. Trainer Piu fragt: «Darf man nicht mehr jubeln?» Die Antwort des Schiedsrichters: «Er darf überall jubeln, aber nicht vor den Fans des Gegners.»

Wohlen ist mit zehn Mann besser

Faszinierend: Nach dem Ausgleich und dem Platzverweis (beides in der 71. Minute) sind die Wohler mit einem Mann weniger das bessere Team. Nitaj hat also geschafft, was er wollte: Er brachte Emotionen rein. Sandi Sulejmanagic vergibt wenig später die Riesenchance auf den Sieg, er verpasst eine Hereingabe nur ganz knapp. Und kurz vor Ende wäre jener Sulejmanagic allein auf das Tor von Muri-Goalie Silvano Kessler gelaufen, doch der Schiedsrichter pfeift ab. Es ist ein Offside, das keines war. Auch der FC Muri kommt noch zu zwei guten Gelegenheiten, doch auch er verpasst den Lucky Punch. Es bleibt beim leichtungsgerechten 1:1 an diesem Sonntag bei bestem Fussballwetter und 950 Zuschauern. Wie schon im Hinspiel.

FC-Muri-Trainer Luca Ferricchio gratuliert nach Schlusspfiff seinem Team zur Leistung. So auch der FC-Wohlen-Trainer Piu. Er sagt: «Wenn ich den Spielverlauf anschaue, bin ich zufrieden. In der ersten Halbzeit waren wir nicht da, wir erlaubten uns ungewohnte Fehler und einige Spieler hatten einen schwachen Tag.»

Ungestümer Golaj verursacht Penalty

Der junge Noel Romano hat grosses Potenzial, in diesem Derby war er aber völlig neben der Spur. Ebenfalls nicht auf der Höhe war Edison Golaj. Der FCW-Abwehrspieler ist sonst ein sicherer Wert. Im Derby riss er nach 38 Minuten Muri-Stürmer Adilj Sejdiji unnötig und ungestüm zu Boden. Penalty. Ernes Paden verwandelt souverän. Ausser einem Pfostenschuss in der Startphase (ebenfalls von Paden) ist es Muris einzige Offensivaktion in der ersten Halbzeit. Der FC Wohlen ist aber noch harmloser in den ersten 45 Minuten. «Wir hatten keine Spannung», sagt Piu. «Und dabei ist es doch ein Derby.»

Doch Piu scheint die richtigen Worte zu finden. Der FC Wohlen kommt ganz anders aus der Kabine. Patrik Gjidoda und Gentrim Uka vergeben in der 46. Minute zwei Grosschancen. Innert 60 Sekunden hat Wohlen mehr Offensivaktionen als die gesamte erste Halbzeit. «Wir haben noch Luft nach oben», meint Piu. «Nach dem 1:1 und dem Platzverweis haben wir besser gespielt. Kompliment an das Team.» Anscheinend benötigte der FC Wohlen solch einen Wachmacher wie von Nitaj. Ob es das Tor oder der anschliessende Platzverweis von Leotrim Nitaj war, bleibt ein Geheimnis.

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