Die neuen rosa Trikots des FC Muri sind gewöhnungsbedürftig. Insbesondere, weil das Auftreten der Klosterdörfler so gar nicht zur Farbe passt, die sie tragen. Eigenschaften, die dieser Farbe zugeschrieben werden: Weichheit, Zärtlichkeit, Sanftheit. Wodurch die Muri-Spieler gegen Zofingen auffallen: Kampfgeist, Laufbereitschaft, Mut, Aggressivität.
«Ein Arbeitssieg», resümiert Muri-Goalie Yanick Hofer die Partie. Passend. Nach einer schönen Kombination bringt Noaim Bayazi die Freiämter in der 18. Minute in Führung. Danach entwickelt sich ein Spiel auf Augenhöhe. Die erste Halbzeit wird vom Heimteam bestimmt. Die zweite gehört eher den Gästen. Alles in allem ist es eine ereignisarme, aber umkämpfte Partie. Zoingen, bestückt mit vielen jungen Spielern, die mit dem Team Aargau U18 trainieren, deutet viel Potenzial an. Die routinierten Murianer halten dagegen, verunsichern den Gegner und behalten am Ende die Oberhand. Hofers Analyse: «Wir haben das Spiel über das Kollektiv entschieden. Man könnte höchstens den Torschützen hervorheben. Aber es war die Leistung des Teams, dank der wir gewonnen haben.» Trotzdem lässt sich an zwei Akteuren aufzeigen, was den Unterschied zwischen Muri und Zolngen ausgemacht und auch in kommenden Spielen ausmachen kann.
Aggressivleader Belmin Mrkonja
Rotkreuz-Rückkehrer Belmin Mrkonja ist gut drauf nach dem Spiel. Er klatscht alle Mitspieler ab, gönnt sich ein Bier zur Feier der drei Punkte, stösst mit Betreuer Edi Hasler an, lächelt und streckt den Daumen in die Höhe.
Als wäre er verwandelt, möchte man fast sagen. Denn nur wenige Minuten zuvor noch schien er weniger gut gelaunt. Bevor er anfing die Mitspieler zu loben und allen auf die Schulter zu klopfen, hat er kurz nach dem Abpfiff noch lautstark Meinungsverschiedenheiten mit Zofingern ausgetauscht. Von der ersten Minute an sorgt Mrkonja dafür, dass der Ausfall von Abwehrchef Simone Parente unbemerkt bleibt. Der 25-Jährige rennt, grätscht, köpfelt, dirigiert die jungen Mitspieler wie Michael Iloski oder Ajdin Bajric und schüchtert die Gegner ein. Während die Mitspieler den Verteidiger während seinen Wortgefechten ermahnen ermahnen, still zu sein, scheint seine aggressive Art tatsächlich Wirkung zu zeigen. Zofingens Angriff wirkt verunsichert. Die jungen Spieler hadern nach jedem Piff gegen sie, lamentieren und scheinen nicht mehr auf Betriebstemperatur zu kommen.
«Der Schiedsrichter hat ein wenig zu unseren Gunsten gepüffen», sagt Yanick Hofer. «Wir haben es allerdings auch provoziert. Da waren wir routinierter, abgezockter. Und Belmin war dabei Gold wert, als es drum ging, unseren Jungs Mut zu machen und den Gegner einzuschüchtern. Er ist in diesem Jahr in Rotkreuz als Spieler gewachsen.»
Turbo-Trüb
Kurz vor Schluss zündet Flügelstürmer Joel Trüb noch einmal den Turbo. Er ist schneller als Zofingens Goalie und ein Abwehrspieler, luchst ihnen den Ball ab, bringt ihn aber aus vollem Lauf und ungünstigem Winkel nicht im Tor unter. Es wäre der verdiente Lohn für den 22-Jährigen gewesen. Unermüdlich rannte er das ganze Spiel über den Flügel rauf und runter. In der ersten Halbzeit, als Muri mehr Spielanteile hatte, überforderte er mit seiner Geschwindigkeit und Technik die gegnerische Abwehr. In der zweiten Hälfte, als Zofingen besser ins Spiel kam, war sein Speed ein wichtiger Faktor in der Defensive. Zudem leitete Trüb immer wieder gefährliche Konter ein.
Der nimmermüde Joel Trüb und der angsteinflössende Kämpfer Belmin Mrkonja, sie stehen für das, was das gesamte Team des FC Muri im Duell gegen Zofingen ausgezeichnet hat. Man muss sich daran gewöhnen, dass in rosa Trikots eine kämpferisch und läuferisch starke, ambitionierte Mannschaft antritt. Hofer: «Der Sieg gegen Zofingen jetzt war ein Ausrufezeichen. Sie gehören zu den Top-Fünf-Teams und ich glaube nicht, dass uns Dietikon und Rotkreuz bisher auf dem Zettel hatten. Das sollten sie jetzt.»
Breites Kader, breites Grinsen
Muri mit Luxusproblemen
Das Problem des zu dünnen Kaders aus der Vorsaison scheint sich bei Muri ins Gegenteil gedreht zu haben. Beim Spiel gegen Zofingen sitzen zu Beginn Spielerpräsident Michael Stadelmann, Ex-U-Nationalspieler Diego Zoller, die vielseitigen Loris Völker und Bruno Justino sowie Routinier Kastriot Tafa und der zweikampfstarke Laze Stojkovski auf der Bank. Alles Spieler, die bei anderen Vereinen mit grosser Sicherheit in der Startelf stehen würden. Dass weitere Leistungsträger wie Simone Parente, Reto Brügger oder Joao Miguel Ferreira nicht mal im Kader standen, ist dabei aussen vor gelassen.
Die Stärke von Pius Mannschaft offenbarte sich nicht nur im Team- und Kampfgeist. Der Trainer konnte auch die Absenzen ohne Qualitätsverlust auffangen und, ebenso ohne an Teamstärke einzubüssen, auswechseln. «Natürlich spüre ich einen riesigen Unterschied zur Vorsaison», sagt Piu. «Die Jungs, die reingekommen sind, könnten theoretisch alle auch in der Startelf stehen. Und wenn sie reinkommen, nutzen sie jede Sekunde und leisten ihren Beitrag. Wenn dann noch Leute wie Miguel Ferreira oder Simone Parente wieder an Bord sind, dann haben wir ein richtig gutes Team. So können wir auch die engen Spiele gewinnen, wo wir letztes Jahr noch Punkte gelassen haben.»
Trainer auf einer Mission
Das betrifft unter anderem Zofingen. Dort hat Muri im Vorjahr unglücklich mit 0:2 verloren. «Wir hatten mit Zofingen noch eine Rechnung offen. Die haben wir jetzt beglichen», sagt Trainer Piu. «Jetzt spielen wir gegen Einsiedeln. Mit denen haben wir auch noch eine Rechnung offen. Sie sind die Nächsten.» Piu gibt sich enorm kämpferisch. Der Stachel der misslungenen letzten Saison scheint bei Trainer und Team noch tief zu sitzen. Und sie sind auf Wiedergutmachung aus. Deshalb gibt sich Piu auch nicht so schnell zufrieden. Nicht alles lässt den Trainer lächeln «Das Ergebnis passt, der Einsatz auch. Das Spiel hat mir nicht gefallen. Wir haben in der zweiten Halbzeit zu stark nachgelassen.» Obwohl der Gegner in der zweiten Hälfte auch nicht gross zu Chancen kommt und Muri das Spiel zu kontrollieren scheint, wurmen den Trainer die paar Konterchancen der Zofinger: «Wenn es blöd läuft, gehen wir hier mit zwei Punkten weniger vom Platz. Eine Halbzeit gut, eine weniger gut, das war schon gegen Unterstrass so. Das müssen wir abstellen und besser werden.»
Der Freiämter – Josip Lasic