Muri-Trainer Luca Ferricchio steht im Regen auf der Brühl und dirigiert seine Spieler lautstark. Die zweite Halbzeit im Test zwischen Muri und dem FC Aarau gefällt dem Trainer nicht so ganz wie die erste, weshalb er viel intensiver Korrekturen im Spiel seiner Mannschaft vornehmen muss. «Das war allerdings absehbar», fasst der 40-Jährige zusammen. «Wir haben in der Pause neun Wechsel vorgenommen.»
Unter anderem kam der 15-jährige Abelon Berisha zum Einsatz. Ferricchio hat also durchaus Verständnis, dass in der zweiten Hälfte nicht alles so rund lief. Zumal die ersten 45 Minuten überraschend gut waren. Nach vier Minuten bringt Adilj Sejdiji die Murianer in Führung gegen den Challenge League Club. Danach verteidigen die Klosterdörfler engagiert und brechen auch nach dem Ausgleichstreffer nicht ein. Muri-Keeper Bryan Huber hält sogar einen Penalty von Shkelqim Demhasaj. Erst kurz vor der Pause stellt Aarau auf 2:1. «Dieses Gegentor kurz vor dem Abpfiff ist das einzige, was mich an der ersten Hälfte ärgert», so Ferricchio.
Andere Körpersprache als gegen Muttenz
Nach den vielen Wechseln geht es schnell. Die Aarauer treffen kurz nach Wiederanpfiff und erhöhen im Verlauf des Spiels auf 5:1. Kürsat Kiybar kann kurz vor Schluss mit Handspenalty verkürzen und zum Schlussstand von 2:5 aus Muri-Sicht treffen.
Am Wochenende zuvor war Muri in der Meisterschaft noch gegen den SV Muttenz mit 0:5 untergegangen. Nach dieser Partie hatte Ferricchio noch kritisiert, dass dem Team Leader und Charakter-Typen fehlen. «Ich habe eine Reaktion in diese Richtung erhofft und sie kam. Die Körpersprache war gegen Aarau eine ganz andere als noch gegen Muttenz. Die Spieler haben Charakter bewiesen.» Der Trainer musste allerdings auch gewisse negative Dinge sehen, die sein Team während der gesamten Saison begleiten und die es bisher nicht abstellen konnte. «Ein Gegentor vor der Pause, eines direkt danach. Wir sind nicht von Anfang bis Ende da, sind nicht bereit. Und man hat insbesondere in der zweiten Halbzeit, bei Spielern die nicht so viel Spielzeit zuletzt hatten, gesehen, dass Verunsicherung da ist, Angst davor, einen Fehler zu machen.»
Charakter, Konzentration, Bereitschaft, Angst, alles Faktoren, die nicht direkt im Zusammenhang mit den fussballerischen Fähigkeiten stehen, sondern Kopfsache sind. «Das ist so. Nachdem man diese und die letzte Saison hinten mitspielt, ist das Team verunsichert», so der Trainer. Auffallend ist gegen Aarau, dass das nicht auf alle Spieler zutrifft. Die Führungsspieler Simone Parente und Belmin Mrkonja sind beispielsweise zu nennen, die sehr selbstbewusst in die Zweikämpfe gehen und auch in Drucksituationen einen kühlen Kopf bewahren. Ebenso wie der 17-jährige Tom Singenberger, der sich von den grossen Namen auf der Gegenseite nicht beeindrucken lässt. Ziel wäre es allerdings, das auf die ganze Mannschaft übertragen zu können. Diesbezüglich resümiert Ferricchio: «Zu einem gewissen Grad muss man das auch in sich drinhaben.»
In jedem Spiel so auftreten
Gegen Aarau zeigen die Murianer allerdings, dass einige von ihnen dieses Selbstvertrauen in sich hätten. Die Frage ist: Lässt sich das Team nicht einfacher gegen einen Verein wie Aarau motivieren als gegen Muttenz und Münsingen? «Das kann ich mir gut vorstellen», erklärt der Trainer. «Für einen 15-Jährigen ist so ein Spiel beispielsweise ein Highlight. Aber es ist ein Test. Unter dem Strich war es nichts anderes als eine sehr intensive Trainingseinheit. Gegen die anderen Teams geht es für uns um die Wurst. Da müssen wir abliefern.»
Das Ziel des Trainers war es deshalb, die Intensität der Trainings bis zum Spiel von übermorgen Sonntag, 14.30 Uhr, in Münsingen so hoch zu halten, dass man die Leistung aus dem Aarau-Spiel konservieren und in die Meisterschaft mitnehmen kann. «Wir benötigen es. So müssen wir gegen jeden Gegner spielen.» Wenn Muri bisher in jedem Spiel so aufgetreten wäre wie gegen Aarau, wäre die Situation in der Tabelle für die Freiämter sicher entspannter.